Wir hören ständig über Digitalisierung. Wir können zwar viel digitalisieren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter digitalisieren geht aber nicht. Die Corona-Krise hat aber viele Mitarbeitende plötzlich ins Homeoffice verbannt. Das Homeoffice bzw. die mobile Arbeit ist gekommen um zu bleiben.

Infrastruktur und Ausstattung

Viele Unternehmen haben erst im März vorigen Jahres damit begonnen, Mitarbeitende mit Notebooks und Smartphones auszustatten. Internetanbindungen wurden aufgerüstet und es hat sich herausgestellt wie unzureichend manche dieser Verbindungen waren. Videokonferenzen waren voriges Jahr in vielen Bereichen noch mehr schlecht als recht von der Qualität. Im Bereich der technischen Ausstattung hat sich also sehr viel getan, es bleibt aber auch noch viel zu tun. Die Wirtschafskammer Wien hat erst unlängst dazu aufgerufen, den Breitbandausbau zügig voranzutreiben. Die Glasfaseranbindung ist in Österreich eine der schlechtesten weltweit. Die Digital Society mahnt diesen Umstand schon seit Jahren ein. Wir haben also nicht nur ein Problem mit der Breitbandanbindung in den ländlichen Gebieten, sondern auch mitten in Wien.

Wir sehen an der Grafik, dass Österreich im Glasfaserausbau hinter Ländern wie Chile, Mexiko, Italien und auch Deutschland liegt. Der schlechte Breitbandausbau in Österreich ist ein Standortnachteil. Die Digitalisierung erfordert jedoch erstklassige Internetanbindungen und davon sind wir in Österreich noch immer weit entfernt.

Digitale Skills

Als die Mitarbeitenden voriges Jahr ins Homeoffice geschickt wurden, war keine Zeit für Schulungen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu digitalisieren bedeutet in diesem Zusammenhang, ihnen die Skills für die digitale Welt beizubringen. In vielen Unternehmen hat man die Mitarbeitenden mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet und sie ins kalte Wasser geworfen. Wir sehen auch noch heute, wie viele Probleme es in manchen Bereichen im Umgang mit den digitalen Tools gibt. Es gibt hier auch einen Unterschied in den Generationen. Jüngere trauen sich einfach mehr als ältere Mitarbeitende. Wir haben aber auch bei Führungskräften gesehen, wie schwer sich manche mit neuen, oder noch nicht bekannten Tools tun. Im Bereich des Umgangs mit digitalen Tools und welche Möglichkeiten diese bieten können, gibt es ebenfalls in vielen Bereichen Aufholbedarf. Das World Economic Forum hat eine schöne Übersicht erstellt, welche Skills wir in der “digitalen Welt” benötigen:

Es geht hier also in vielen Bereichen nicht um den Umgang mit den Tools alleine, sondern vor allem auch um interpersonelle Skills, um Sicherheit in der digitalen Welt, aber auch um rechtliche Grundkenntnisse wie Urheberrecht und Datenschutz.

Prozesse und Abläufe digitalisieren

Das hat dazu geführt, dass viele Prozesse digitalisiert werden mussten. Denn man kann nur vernünftig aus dem Homeoffice arbeiten, wenn alle Daten, Informationen und Prozesse auch digital sind. Hier ist im vergangenen Jahr viel passiert. Es gibt jedoch auch noch sehr viel Aufholbedarf. Denn wenn ein Prozess vorher vielleicht schon nicht optimal gelaufen ist, dann wird es dadurch, dass er nun digital ist, nicht besser. Die Umstellung auf digitale Prozesse ermöglicht es in manchen Bereichen auch Dinge vollständig anders zu machen und Dinge neu zu denken. Auf diesem Gebiet ist jedoch noch nicht viel passiert.

Homeoffice und soziale Kontakte

Verschiedenste Studien besagen, dass Mitarbeitende diese Flexibilität sehr schätzen. Wir sehen aber auch durch die gestiegenen psychischen Probleme von Menschen in der Corona-Krise, dass Menschen soziale Wesen sind – und die fehlenden menschlichen Kontakte in vielen Bereichen große Probleme verursachen. Wir wissen auch, dass Mitarbeitende sich nach der Krise weiterhin die Flexibilität wünschen, wenn es sinnvoll oder notwendig ist von zu Hause aus oder unterwegs zu arbeiten. Sie wünschen sich aber auch die sozialen Kontakte im Büro zu pflegen. KollegInnen auch persönlich wieder zu treffen. Mitarbeitende werden also in Zukunft weniger im Büro sein, so die Unternehmen das erlauben. Daher wird das Büro auch neue, andere Aufgaben übernehmen als in der Vergangenheit.

Das Büro dient zur Kommunikation, zur Knüpfung und Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Kreative Prozesse sowie Projektarbeit wird vermehrt im Büro stattfinden. Dazu müssen die geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Konzentrierte Arbeit wird, wenn es die räumliche und familiäre Situation der Mitarbeitenden erlaubt, vorwiegend zu Hause stattfinden. Für jene, wo dies nicht funktioniert, sollten aber auch im Büro entsprechende Räume für konzentrierte Arbeit zur Verfügung stehen.

Vertrauen und Inspiration

Wenn Mitarbeitende selbständig arbeiten, verändert sich die Rolle der Führungskräfte. In den Teams muss davon ausgegangen werden, dass alle Ihren Job machen. Dazu brauchen Führungskräfte vertrauen. Die Arbeit der Mitarbeitenden wird nur noch in Ergebnissen sichtbar werden, das wird auch das einzige sein, was in einer modernen Arbeitswelt zählt. Damit Mitarbeitende hochmotiviert ihrer Arbeit nachgehen, muss klar sein, wofür das Unternehmen steht, und welchen Beitrag jede(r) Einzelne dazu liefert. Moderne Führungskräfte inspirieren also ihre Teams und ihre vordringliche Aufgabe ist es, dem eigenen Team die Steine aus dem Weg zu räumen, damit alle ihrem Job ungestört nachgehen können. Es gibt sicherlich in manchen Unternehmen einigen Aufholbedarf zum Thema Mitarbeiterführung und Bedarf einer Veränderung des Führungsbildes.

Die Arbeitszeit wird daher in Zukunft weniger wichtig sein, als die Ergebnisse der Arbeit. Hier gibt es auch noch einigen Aufholbedarf was die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen betrifft.

Selbstorganisation und Selbstmotivation

Eigenverantwortliche Arbeit im Homeoffice bedarf aber auch bei den Mitarbeitenden einen hohen Grad an Selbstorganisation und Selbstmotivation. Es ist nicht immer ganz einfach, den ganzen Tag alleine vor dem Bildschirm zu verbringen und auch die Dinge zu erledigen, die vielleicht nicht ganz so leicht von der Hand gehen.

Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel ist laut Studien eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit. Trotz Corona-Krise sind vor allem Fachkräfte sehr schwer zu finden. Durch digitale Tools wie Kununu und andere ist es aber ganz einfach geworden, herauszufinden wie attraktiv ein Arbeitgeber ist. Hier müssen sich Unternehmen also sehr ins Zeug legen und attraktive Rahmenbedingungen schaffen, um im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte zu gewinnen und die gefundenen Arbeitskräfte auch langfristig an das Unternehmen zu binden.

Fazit

Wir sehen also, dass die Digitalisierung eine Reihe von Herausforderungen bringt, die wenig mit “digital” zu tun haben. Natürlich unterstützen digitale Tools viele der Unternehmensprozesse und die Mitarbeitenden müssen die Skills haben damit auch umzugehen.

Es gibt aber viele neue Herausforderungen in denen vor allem HR eine enorm wichtige Rolle spielt.

  • Entwicklung einer neuen, vertrauensvollen Führungskultur
  • Zusammenarbeit (auch über Entfernung) und gegenseitige Unterstützung
  • Selbstorganisation und Selbstmotivation
  • Schaffung von neuen, attraktiveren Arbeitsumfeldern
  • Ganzheitliche digitale Skills

Über uns

Die Digital Society ist ein gemeinnütziger Verein. Wir unterstützen Menschen und Unternehmen dabei, die digitale Transformation positiv zu gestalten und zu nutzen. Als Interessensvertretung agieren wir im Sinne der Gesellschaft, frei von Einzelinteressen. Regelmäßige Beiträge stellen unsere Unabhängigkeit sicher.

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Werner Illsinger

Präsident bei Digital Society
Werner Illsinger ist systemischer Coach, Unternehmensberater sowie Lektor an der FH-Kärnten. Sein Herzensanliegen ist es, dass Arbeit Spaß macht.
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