Am 16.10.2019 fand unser Digitalk zum Thema „Zukunft der Wissensarbeit – Es geht um den Menschen“ basierend auf der von der Digital Society erstellten Positionspapier statt. Auch Sie sind vom Wandel unserer Arbeitswelt betroffen. Disktuieren Sie mit und bringenn Sie ihre Sichtweise ein. https://digisociety.ngo/wp-arbeit
Ein großes Dankeschön an alle Diskutant_innen und die rund 40 Teilnehmenden für den sehr gelungenen Diskussionsabend. All jenen, die an diesem äußerst spannenden Digitalk leider nicht teilnehmen konnten, stellen wir eine Videoaufzeichnung auf unserem YouTube-Channel zur Verfügung.
Apropos Partizipation: auch Sie können sich an der Meinungbidlung und der Erarbeitung unserer Forderungen beteiligen:
https://digisociety.ngo/wp-arbeit
Es geht auch um Ihren Job!
Diskussionsteilnehmer_innen
Jörg Neumayer, MA – SPÖ |
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Douglas Hoyos – NEOS |
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Sigi Maurer – Grüne |
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Klaus Handler – FPÖ |
Moderation
Alfons Parovszky |
Zukunft der digitalen Arbeitswelt
Wie werden wir morgen arbeiten? Die Digitalisierung verändert die uns bekannte Arbeitswelt grundlegend. Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass zukünftige Generationen Berufe ausüben werden, die es heute noch gar nicht gibt.
Lebenslanges Lernen und der Erwerb neuer Qualifikationen von Privatpersonen spielen dabei eine ebenso essenzielle Rolle wie die Mitarbeiter_innenschulung in Unternehmen.
Digitaler Humanismus
Die Digitalisierung wird im Bereich der Zukunft der Wissensarbeit die größten Herausforderungen an uns stellen. Digitalisierung und Humanismus – stellen diese beiden Begriffe einen Widerspruch dar?
Wie stehen die Vertreter_innen der Parteien zum digitalen Humanismus?
Bei dieser Frage sind sie sich einig:
- Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen.
- Wir brauchen ein Gleichgewicht zwischen künstlicher Intelligenz und menschlicher Empathie.
Anlässlich der Debatte über den digitalen Humanismus kam man auch auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu sprechen.
So wird einerseits rege über zu große Freiheiten in der digitalen Welt, andererseits über schon genug bestehende Reglementierungen zum Schutz sensibler Daten debattiert. Eine dieser Regelungen ist die 2018 eingeführte Datenschutzgrundverordnung.
Zum einjährigen Bestehen der DSVGO haben wir im Mai einen Digitalk veranstaltet, lesen Sie die Nachlese dazu bzw. sehen Sie sich das Video zum Digitalk auf unserem YouTube-Channel an.
Habe ich die Wahl „Nein“ zu sagen?
Einigkeit bestand darin, wenn auch mit unterschiedlicher politischer Gewichtung, dass zukünftig an einer besseren Technikfolgenabschätzung gearbeitet werden muss.
Ethik in der Digitalisierung: Ein ethisches Dilemma?
Das White Paper der Digital Society behandelt auch das Thema der Ethik in der digitalen Welt. Für all jene, die sich noch nicht mit unserer Studie beschäftigt haben: https://digisociety.ngo/wp-arbeit.
Eine spannende Diskussion entspannte sich um die Frage: Was sollen Maschinen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, wirklich dürfen?
Müssen Maschinen immer mehr moralische Entscheidungen treffen?
Wir fordern, dass die Technik zugunsten des Menschen entscheide. „Die Technik soll dem Menschen dienen“.
Im Rahmen der Diskussion über die Ethik der Digitalisierung gibt es über den Umgang mit Algorithmen (Handlungsanweisungen, wie mit einer bestimmten Information umzugehen ist) unterschiedliche Standpunkte.
Eine Offenlegung der Algorithmen ist notwendig, um eine Kontrolle durch unabhängige Fachleute zu ermöglichen. Da neuronale Netze von künstlicher Intelligenz undurchschaubar sind, können diese aktuell nicht analysiert und in ihrer Reaktion vorhergesagt werden.
Rege wurde auch über Ethik diskutiert: so zum Beispiel über die Zuordnung der sexuellen Orientierung durch eine künstliche Intelligenz (siehe Stanford University – AI can detect homosexuality (91% accuracy)) und über die Frage, wen ein autonomes Auto töten soll diskutiert.
Es bedarf hier für die Gesellschaft verträgliche Regelungen, denn schon allein das Beispiel mit der Zuschreibung von sexueller Orientierung zeigt, dass es hier kritische Grenzen gibt, und das ganz unabhängig von der Erfolgsrate beziehungsweise der Fehlerrate der künstlichen Intelligenz.
Digitaler Humanismus muss einen Ausgleich schaffen und die Wertigkeit des Menschen gegenüber der Technologie herausstreichen.
Europa braucht einen humanistischen Zugang, damit keine digitalen Diskriminierungen entstehen können.
Zugleich zeigt ein Einwurf aus dem Zuschauerraum, dass digitale Probleme wie „Hass im Netz“ und diskriminierende Algorithmen Ausdruck von bestehenden gesellschaftlichen Problemen sind und nicht erst mit Aufkommen des Einsatzes künstlicher Intelligenz entstanden sind.
Digitalisierung der Arbeit
Laut einer veröffentlichten Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) sind in etwa 9% aller Jobs in Österreich mittelfristig durch die fortschreitende Digitalisierung bedroht.
Die Meinungen der Parteien gehen bei dieser Thematik auseinander. So wird für die positiven Folgen des Wegfalls von Erwerbsarbeit durch Automatisierung plädiert, was zu einer Umverteilung von Arbeit und zu mehr freie Zeit führt. Zudem wurde diskutiert, dass die Digitalisierung eine Arbeitsverdichtung und somit eine zunehmende Arbeitsbelastung mit sich bringt.
Bildung im digitalen Zeitalter
Bei der Thematik der Bildung im digitalen Zeitalter wird festgestellt, dass Studien zu Aus- und Weiterbildung von Erwachsenen zu wenig ernst genommen werden. Mitarbeiter_innen sollten die Möglichkeit haben, sich regelmäßig weiterzubilden.
Das Problem des österreichischen Bildungssystems ist, dass dieses noch immer stark auf die Anforderungen der Industrialisierung ausgerichtet ist. Kinder werden auf einen Arbeitsmarkt standardisiert, den es heutzutage in dieser Form gar nicht mehr gibt. Im heutigen digitalen Zeitalter wird Vielfalt, Offenheit und Teamarbeit in einem diversen Umfeld gefordert.
Bei der schulischen Bildung sollte das Augenmerk auf Neugierde, digitale Kompetenzen und Gruppenarbeiten gelegt werden – benötigt wird ein neues Grundverständnis zum Lernen.
Die Diskutant_innen sind sich einig, dass lebenslanges Lernen einen Kulturwandel bedingt und eine Generationenfrage ist. So kann man sich auch über intergenerationales Lernen, bei welchem eine Generation von der anderen lernt, bilden.
Die Verantwortung für die Weiterbildung liegt jedenfalls nicht nur bei dem/der Arbeitergeber_in, sondern auch bei dem/der Arbeitnehmer_in. Ein mögliches Desinteresse auf Seiten der Arbeiternehmer_innen für die eigene Weiterbildung wird dabei vor allem im digitalen Zeitalter als problematisch angesehen.
Deswegen unsere Forderung zu einer Bewusstseinsbildung auf breiter Basis: „Lernen muss geil werden!“
Modernes Sozialsystem
Welchen Stellenwert hat die Arbeit? Ist Arbeit alles?
Ist der Roman „Utopia“ von Thomas Morus‘ vor 500 Jahren, der bereits eine Art Grundeinkommen formulierte, und danach die liberal-ökonomische Variante formuliert durch Milton Friedman 1962 im Konzept einer „negativen Einkommensteuer“ ein möglicher Ansatz?
Dies wurde je nach Partei-Zugehörigkeit eher ablehnend beantwortet: Es wurde teilweise darauf hingewiesen, dass sich das Modell des bedingungslosen Grundeinkommens bewährt haben dürfte (finnische Regierung will ihr viel beachtetes Vorzeigeprojekt nicht mehr fortsetzen).
Immer mehr Menschen wollen einen Job, der Sinn macht. Wie stehen die Vertreter_innen der unterschiedlichen politischen Parteien zu diesem Thema?
Es wird zur Sprache gebracht, dass Freude an der Arbeit keine Einstellungssache ist, sondern von der Qualität der Arbeit abhängt.
„Arbeitsplatzgestaltung ist wichtig für die Arbeitsmotivation“, heißt es aus der Podiumsrunde. Ohne entsprechende Motivation kommt es sonst (gerade bei High-Tech-Jobs) zum „Brain-Drain“, bei dem hochqualifizierte Menschen Österreich verlassen – ein in Österreich durchaus existentes Problem.
Essenziell ist bei gegebener flexibler Arbeitsgestaltung auf eine Abgrenzung von Privat- und Berufsleben zu achten, beispielsweise das Diensthandy nur während der Arbeitszeit zu verwenden.
Eine Frage aus dem Publikum: „Es ist eine Tatsache: Monotone, repetitive Arbeit wird obsolet. Was ist der langfristige Plan der Politik dem Arbeitsplatzverlust entgegenzusteuern?“.
Das Ziel der Robotik ist es nicht Jobs obsolet zu machen, sondern Mitarbeiter_innen für andere Arbeit frei zu machen. Dazu müssen sie digital befähigt und fit für die Zukunft gemacht werden.
Abschluss-Statements
Was steht noch auf der Agenda der politischen Parteien, um bei der Digitalisierung voranzuschreiten?
An dieser Stelle wurden noch kurz Aspekte des flächendeckenden Breitband-Ausbaus und die Notwendigkeit eines gleichwertigen Zugangs zu einem schnellen Netz angerissen und weitere Ausbildungsmöglichkeiten angesprochen.
Das Augenmerk muss dabei auf den Menschen gelegt werden, denn dieser muss im Mittelpunkt sein.
Aktuelles zum Thema
(Weiter-)Bildung in der digitalen Transformation (Diskussion mit der Politik)
Kontexten als Werkzeug zur Führung zum Eigen- und Gemeinwohl
Ingo Oberortner (WSR)
Über uns
Die Digital Society ist ein gemeinnütziger Verein. Wir unterstützen Menschen und Unternehmen dabei, die digitale Transformation positiv zu gestalten und zu nutzen. Als Interessensvertretung agieren wir im Sinne der Gesellschaft, frei von Einzelinteressen. Regelmäßige Beiträge stellen unsere Unabhängigkeit sicher.
- Über den Autor
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Mag.a. Nicole Kirowitz studierte an der Universität Wien Psychologie und Romanistik. Sie engagierte sie sich in Ihrer Freizeit ehrenamtlich in Hilfsorganisationen in Belgien, Lateinamerika als auch beim Wiener Hilfswerk. 2015 schloss Nicole Kirowitz ihre Ausbildung mit einem Praktikum bei der UNO in Bangkok im Bereich des internationalen Handels ab. Nach Ihrer Rückkehr koordinierte sie Studierendenkurse an einem Bildungsinstitut in Wien. 2018 schloss Nicole Kirowitz einen MBA in International Management in Lille ab und arbeitet nun seit 2019 als Projektkoordinatorin bei der Digital Society.