Rückschlag für den ORF: Höchstgericht kippt GIS Gebühren für Streaming, Abmeldewelle droht
Wer ORF-Angebote nur über einen Computer mit Internetanschluss konsumiert, muss künftig keine GIS Gebühren für Streaming mehr zahlen. Diese Entscheidung fällte der Verwaltungsgerichtshof im Falle des mehrjährigen Rechtsstreits eines Wieners mit dem ORF. Der ORF drängt nun auf eine Gebührenreform – finanziert er sich doch zum überwiegenden Anteil aus den GIS Gebühren und sieht jetzt seine Felle davonschwimmen.
Computer & Co. sind keine Rundfunkempfangseinrichtungen
Laut Gesetz sind GIS Gebühren zu leisten, sobald im Haushalt eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird. Die bisherige Argumentation der GIS, dass auch ein Computer diese Voraussetzung erfülle, wurde nun durch die bahnbrechende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) gekippt.
Im Urteil stellt der VwGH fest, dass Computer mit Internetanschluss mangels installierter Rundfunkempfangsmodule (TV- oder Radio, DVB-T-Stick) nicht als Rundfunkempfangseinrichtung zu werten seien. Demzufolge können für das Streaming von Radio- und TV-Angeboten des ORF auch keine GIS Gebühren eingehoben werden. Dasselbe gilt nach aktueller Rechtslage auch für das Streaming über Tablet und Smartphone. Da Streaming eine gänzlich andere Technologie verwendet wurde hier nachvollziehbar entschieden, dass es sich hier nicht um Rundfunkempfang handelt Das Wort sagt ja schon alleine, dass es sich bei Rundfunk um eine Funktechnologie handelt. Streaming ist etwas gänzlich anderes. Der ORF könnte ja auch jederzeit den Zugang zu seinen Streaming Diensten limitieren und den Zugriff z.B. nur für ORF Kunden zulassen.
All jene Internetnutzer, die jedoch einen DVB-T-Stick, eine TV- oder Radiokarte oder sonstige stationäre Einrichtungen zum Rundfunkempfang im Haushalt verwenden, sind weiterhin gebührenpflichtig. Dies ist insofern nachvollziehbar, als hier tatsächlich wie bei einem TV Gerät der Fernsehempfang auch über einen Funkempfänger erfolgt. Insofern verwendet dann der Computer ebenfalls einen Tuner um Radio oder Fernsehen zu empfangen.
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Studium der Elektrotechnik, zuletzt bei ANDRITZ HYDRO verantwortlich für die Erstellung und Pflege Technischer Dokumentation sowie begleitend für Technologie und Innovation in den Bereichen Dokumentation, Terminologie und Übersetzung. Vorstandsmitglied bei ClubComputer. Als Gründungsmitglied und ehrenamtlicher Mitarbeiter unterstützte er bis Sommer 2020 den Schwesterverein Digital Society bei Event Organisation und Lektorat.
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Dieses Urteil war schon lange überfällig und erkennt nun endlich den “Stand der Technik” an.
Denn es ist ausschließlich Sache des ORF – wie die auch jeden anderen Portal-Betreibers – welche Angebote auf seinen Internet-Portalen er nur einem geschlossenen Benutzerkreis (angemeldetenen/zahlenden Abonennten) oder der “breiten Öffentlichkeit” – ohne Anmeldung oder Zahlung von Abonnement-Gebühren – zugänglich machen möchte. Dafür wird sicherlich keine GIS mehr benötigt.
Hinsichtlich der Berechtigung von GIS-Gebühren (nicht aber der Kostenfreiheit !) für Fernsehempfang wird aber – vermutlich erst nach neuerlichen Klagen – auch dieses Urteil noch revidiert werden müssen :
Denn mit Einführung von DVB-T2 (bzw. der Simply-TV Boxen) ist der verschlüsselte Empfang von ORF-Fernsehen nur mehr mit entsprechender Decoder-Karte möglich, die nach dem Kauf eines Empfangsgerätes erst beim ORF bzw. beauftragten Unternehmen angemeldet und freigeschaltet werden muss. Während die Aussendung von DVB-T Programmen noch ein echtes Broadcasting (Aussendung an eine nicht näher bestimmbare Menge von Empfängern, deren Besitz allein schon für die Empfangsfähigkeit ausgereicht hat) ist, ist DVB-T2 kein echtes Broadcasting ( keine öffentliche Aussendung) mehr, da nur jene Empfangsgeräte tatsächlich empfangsbereit sind, deren Decoder-Karte durch den ORF bzw . beauftragte Unternehmen freigeschaltetet wurde. Ohne expliztite Freischaltung der Decoder-Karte ist trotz Besitz eines Empfangsgerätes also kein Empfang mehr möglich. Dass der ORF nur jene Decoder-Karten freischalten wird, für die er auch die vorgeschriebenen Empfangentgelte erhält, ist in seinem wirtschaftlichen Interesse – dementsprechend wird bei Zahlungsverzug die Decoderkarte (remote) gesperrt und ist dann, mit den jeweiligen Gerät kein Empfang mehr möglich. Der ORF hat daher mit DVB-T2 volle Kontrolle über die Empfangsfähigkeit der Geräte seiner Abonnementen und lediglich der Besitz eines Fernsehgerätes genügt bei DVB-T2 nicht mehr, um auch den Empfang der ORF-Progamme zu ermöglichen.
Spätestens mit Abschaltung des letzten Programmes in DVB-T und der alleinigen Ausstrahlung aller Fernsehprogramme in DVB-T2 hat also die GIS-Gebühr für den Besitz eines Fernsehempfangsgerätes jegliche Berechtigung verloren – insbesonders erübrigt sich daher auch die Diskussion um eine Haushaltsabgabe als Esatz für die GIS-Gebühr, da die Freischaltung der Decoder-Karte zum Empfang der verschlüsselten TV- Programme des ORF jedenfalls auch weiterhin notwendig sein wird.
Lediglich die Radioprogramme sind bis auf Weiteres auch bei allfällig flächendeckender Einführung digitaler Austrahlunsgtechniken (DAB bzw. Nachfolger) weiterhin frei – ohne Freischaltung einer Decoder-Karte – empfangbar und nur dort hat eine an den Besitz entsprechender terrestrischer Empfangsgeräte gebundenen GIS prinzipiell weiterhin Bedeutung.
Im Sinne einer “Verwaltungsvereinfachung” könnte aber auch davon ausgegengen werden, dass ohenhin (fast) jeder Hörfunk-Konsument auch über empfangsbereite Fernsehgeräte (mit freigeschalteter Decoder-Karte) verfügt und daher das Entgelt für den Hörfunk-Empfang im Fernsehempfang inkludiert werden könnte und – auch aus wirtschaftlicher Sicht des ORF – keine eigene Hörfunk-GIS mehr erforderlich sein könnte.
Wir werden ja sehen ob noch weitere Klagen gegen die (allgemeine) GIS-Gebühr für den Besitz von Fernseh-Empfangsgeräten nach Abschaltung der letzen DVB-T Programme (mit Aussendung aller Programme dann nur mehr in DVB-T2) kommen werden.