Die digitale Transformation unserer Gesellschaft

Am Mittwoch den 23. März fand in den Räumlichkeiten der Digital Society erstmals ein Digital Society Business Network Digitalisierung statt Die Nachfolgeveranstaltungsserie ist nun der DigiCircle. Das Thema der Veranstaltung war die digitale Transformation – und deren Auswirkung auf unsere Gesellschaft. Die digitale Transformation lässt keinen Gesellschaftsbereich unberührt. Sie betrifft uns alle. Welche Auswirkungen hat sie auf die Wirtschaft und die Arbeitnehmer? Diesen Fragen widmeten sich Werner Illsinger und Manfred Wöhrl bei dieser Veranstaltung.

Digital ist ein Lifestyle, der Kunde ist König

 

Es wird oft missverstanden, dass es bei der digitalen Transformation vordergründig um Technologie geht. Das ist falsch. Die Technologie ist nur der Enabler für die Veränderung. Eine Technologie die eine große Veränderung herbeigeführt hat ist das Smartphone. Es ermöglicht uns immer und überall digital zu interagieren. Wir tragen diese Geräte ständig mit uns herum und ermöglichen jederzeit mit Dienstleistern in Kontakt zu treten. 2016 wurden 2,4 Milliarden Smartphones verkauft.

Diese Geräte verändern unsere Erwartungshaltungen und erfolgreiche Unternehmen bieten Dinge die es früher nicht gab. Apple hat die Benutzbarkeit von Smartphones revolutioniert. Es gab auch schon vorher Smartphones, aber erst Apple hat den Geräten durch die einfache Bedienbarkeit zum Durchbruch verholfen. Amazon zum Beispiel hat ein Lager, das kein Ladengeschäft (auch nicht der größte Megastore) jemals bieten hätte können. Viele haben sich früher darüber geärgert, dass wenn man in einer Stadt unterwegs war und ein Taxi benötigt hat, nie eines gefunden hat Uber beseitigt mit seiner App dieses Problem. Man sieht genau wo das Fahrzeug ist, wann es eintreffen wird und wieviel es kostet. Diese neuen Dienste ändern auch die Erwartungshaltung des Konsumenten. Er wird anspruchsvoller – er wünscht sich eine Erfahrung die er einmal gewohnt ist, von jedem Unternehmen mit dem er interagiert. Er will alles, einfach zu bedienen, und das sofort … 

Bei der digitalen Transformation geht es nun darum diese geänderten Kundenerwartungen bestmöglich zu erfüllen. Es geht um die “Customer Experience”.

Der Kunde hat eine Vielzahl von Berührungspunkten mit einem Unternehmen, bis er sich am Ende für das Produkt oder die Dienstleistung eines Unternehmens entscheidet. Jeder dieser Berührungspunkte ist die Möglichkeit einen Kunden zu begeistern, oder ihn zu enttäuschen. Nur ein Kunde der die optimale Reise durch diese Berührungspunkte macht ist am ende ein Kunde bzw. ein zufriedener Kunde. Diese Reise durch die Berührungsflächen nennt man “Customer Journey”.

Ein Problem der Digitalisierung ist, dass sich viele Unternehmen noch überhaupt nicht damit beschäftigt haben, welche Berührungspunkte ein Kunde mit dem Unternehmen hat. Etwa die Hälfte aller befragten Unternehmen einer Studie der Altimeter Group die 2016 in den USA durchgeführt wurde sagten, dass sich das Unternehmen überhaupt einmal damit beschäftigt diesen “Customer Journey” zu mappen. Das heißt, dass zumindest die Hälfte aller digitalisierungsprojekte durchgeführt wird, ohne sich zu überlegen, was der Kunde eigentlich vom Unternehmen erwartet.

Was bedeutet das für die Wirtschaft?

Früher standen bei Unternehmen die Produkte im Vordergrund. Ein Beispiel eines solchen Unternehmens ist Coca Cola. Es ging damals darum ein Produkt zu erfinden, und dem Produkt eine einmalige Eigenschaft zuzuschreiben. Das gesamte Unternehmen wurde mit dem Produkt im Zentrum aufgestellt.

Im zweiten Schritt der Entwicklung – sind Unternehmen zentriert auf ihre Vertriebsnierderlassungen. Der Shop steht im Mittelpunkt des Unternehmens. Ein derartiges Unternehmen ist beispielsweise IKEA. Man versuchte nicht mehr das Produkt, sondern Lieferbarkeit oder das Einkaufserlebnis (Shopping Center) in den Mittelpunkt zu stellen.

Die nächste Entwicklungsstufe war, sich nicht mehr nur auf einen Kanal zu verlassen. Die Stores wurden um andere Vertriebskanäle erweitert. Beispielsweise Vertriebsmitarbeiter, Online Shops, Automaten, etc. Eine Branche die das über die letzten Jahre auf die Spitze getrieben hat, ist die Finanzbranche. Flagshipstores mit Beratern, Automaten im Foyer, mobile Finanzberater, Online Banking wurden verwendet und verschiedenste Kontaktflächen geschaffen, die der Kunde nutzen konnte.

Alle diese Schritte waren auf das Unternehmen fokussiert. Man versuchte ein besseres Produkt zu schaffen, ein besseres Vertriebssystem, ein effizienteres System. Sind wir Kunden damit glücklich geworden? Die Banken haben uns dazu gezwungen unser Geld selbst aus dem Automaten zu ziehen. Mc Donalds dazu dass wir uns den Burger über einen Touch Screen selbst konfigurieren, aber wollen wir das überhaupt?

Der letzte Schritt auf dieser Entwicklung ist den Kunden ins Zentrum der Bemühungen zu rücken. Eine Customer Experience zu schaffen, die der Kunde will, die er erwartet. Dabei können nicht nur bestehende Prozesse digitalisiert werden. Es muss die gesamte Funktionsweise eines Unternehmens hinterfragt werden. Thorsten Dirks – der ehemalige CEO der Telefonica in Deutschland hat einmal gesagt: “Wenn Sie einen scheiß Prozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalisierten Prozess”. Es geht also darum den Prozess, die Funktionsweise eines Unternehmens zu hinterfragen, bevor man zur Digitalisierung schreitet. Nur die Optimierung der “Customer Expierience” bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung führt zur digitalen Transformation.

 

Wenn wir uns Facebook, Uber und AirBnB ansehen dann haben sie alle etwas gemeinsam. Facebook ist ein riesengroßes Content Portal, hat aber keinen eigenen Content. Uber ist das weltweit größte Taxiunternehmen, besitzt aber kein einziges Taxi, AirBnB ist eine der weltweit größten Unterbringungsplattformen, hat aber selbst kein einziges Zimmer. Alle drei Unternehmen haben ein vollkommen anderes Geschäftsmodell als alle ihre Mitbewerber. Das nennt man “digital disruption”. Also das aufbrechen von gewohnten Strukturen durch die Digitalisierung.

Welche Auswirkung hat das auf die Arbeitnehmer?

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Der Kassomat in der nächstgelegenen Merkur-Filiale macht die Kassierin überflüssig. Amazon experimentiert in den USA bereits an Shops, in denen es keine Mitarbeiter mehr gibt. Der Kunde verlässt einfach das Geschäft mit den gewünschten Waren, Scannen an der Kasse ist nicht notwendig. Die Produkte sind mit RFID Tags versehen und die mitgenommenen Waren werden automatisch auf das Bankkonto des Kunden verrechnet. Uber experimentiert mit selbst fahrenden Autos – und wenn es auch noch dort und da Probleme mit der Technologie gibt, ist klar, dass der Beruf des Taxifahrers oder auch des LKW Fahrers in einigen Jahren nicht mehr existieren wird – genauso wie der Ticketautomat den Schaffner vor vielen Jahren in der Wiener Straßenbahn ersetzt hat. Spannend ist aber auch dass mittels künstlicher Intelligenz auch z.B. Hotline Mitarbeiter unter Druck geraten. Chatbots ersetzen teilweise Kundendienstmitarbeiter und sogar Rechtsauskünfte werden mittlerweile automatisiert erteilt.

Eine Studie der Oxford University hat ergeben, dass es in 20 Jahren ca. 50% der Jobs in den entwickelten Industrieländern wie Österreich einfach nicht mehr geben wird. Sie werden verschwunden sein – ähnlich wie der Schaffner in der Straßenbahn.

Es wird allerdings eine Reihe von neuen Berufen geben, von denen wir heute vielleicht noch gar nichts ahnen.

Das ist eine große Herausforderung für unser Bildungssystem. Änderungen im Bildungssystem sind langfristig. Wenn wir heute den Stundenplan für neu eintretende Schüler ändern, so hat das frühestens in 8 Jahren eine Auswirkung auf Schüler die ihre Ausbildung beenden.

 

Spannend ist auch, dass früher vor allem manuelle Arbeit von der Automatisierung und Rationalisierung betroffen waren. Nach den neuesten Studien trifft die nächste Welle nun vor allem Beschäftigte in Büros und im administrativen Bereich (wer hätte gedacht, dass der ehemals so sichere Beruf eines “Bankbeamten” derartig unter Druck geraten würde?. Sie sind sogar stärker betroffen als Hilfskräfte.

 

Akademische Berufe sind genauso wie Führungskräfte am wenigsten betroffen.

Allerdings geraden auch alle anderen Berufe stark unter Druck. Vertriebsmitarbeiter sind hier genauso betroffen wie technische Berufe wie die nebenstehende Grafik von ING DiBa zeigt.

 

 

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