WP_20150915_001Beschluss Staatsschutzgesetz

Heute wurde im Parlament das neue polizeiliche Staatsschutzgesetz mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ beschlossen. Das Staatschutzgesetz soll, wie der Name schon sagt staatliche Institutionen schützen. Es ist daher nicht mit einem Verfassungsschutz zu verwechseln, der die Bürger schützen würde.

Das Gesetz räumt umfangreiche Befugnisse ein, um präventiv gegen Gesetzesverletzungen vorgehen zu können. Es reicht also ein Verdacht aus, um ins Visier der Staatsschützer zu gelangen. Ein Kontakt mit einer verdächtigen Person wäre hier z.b. bereits ausreichend. Die Daten der bespitzelten Personen werden in einer Datenbank gespeichert. Diese Daten werden auch mit “befreundeten” Geheimdiensten wie z.B. dem BND oder NSA ausgetauscht. Ebenfalls wird durch das neue Staatsschutzgesetz auch der Einsatz von V-Leuten (also bezahlten Spitzeln) gestattet. Mit der gleichzeitigen Änderung des Telekommunikationsgesetzes und des Sicherheitspolizeigesetzes wird der Zugriff auf Standortdaten von Mobiltelefonen für die Polizeibehörden noch weiter vereinfacht und das Tragen von Körperkameras für Polizisten erlaubt. (Was begrüßenswert ist, denn damit kann im Zweifelsfall nachgewiesen werden, was sich bei einer Amtshandlung tatsächlich abgespielt hat).

Im Vorfeld dazu gab es harsche Kritik der Opposition und von Bürgerrechtsorganisationen an dem Gesetzesentwurf. In letzter Minute wurden einige Bestimmungen im Gesetz abgemildert. Herausgenommen wurden etwa Verhetzungdelikte, der Straftatbestand der Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole sowie die Gutheißung von mit Strafe bedrohter Handlungen. Zudem ist bei manchen Delikten nunmehr ein Vorsatz für den Einsatz sensibler Ermittlungsmethoden erforderlich. Dadurch wurde in vielen Bereichen verhindert, dass es zu überschießendem Gebrauch der Übermittlungsmethoden kommt. Rapid Fans können leider nicht aufatmen. Der Staatsschutz darf in Zukunft noch immer wegen befürchtetem Landfriedensbruch vorbeugend ermitteln.

Ein weiterer positiver Punkt der in letzter Minute abgeändert wurde, ist der Schutz des Berufsgeheimnisses  von AnwältInnen, JournalistInnen und anderen Berufsgruppen auch für die Ermittlung personenbezogener Daten nach dem Staatsschutzgesetz.

Nicht nachgekommen sind die Regierungsparteien jedoch dem Wunsch – dass ein unabhängiger Richter sensible Ermittlungen anordnen muss. Es gibt lediglich eine Überwachung durch einen Rechtsschutzbeauftragten und seine Stellvertreter. D.h. die Behörde wird durch sich selbst überwacht, auch wenn der Rechtsschutzbeauftragte weisungsfrei ist, entspricht das nicht den Rechtsstaatlichen Standards der Gewaltentrennung.

Ebenso wird kritisiert, dass die Weitergabe der Daten an “befreundete” Geheimdienste nicht ausreichend geregelt ist. So kann es durchaus passieren, wenn man zufällig Kontakt zu einem Verdächtigen hat, dass man auf einer No-Fly Liste landet und weder weiß wie das jemals passiert ist, noch wie man dagegen etwas unternehmen kann.

Zuletzt fordern die Oppositionsparteien mehrheitlich auch eine stärkere parlamentarische Kontrolle des neu geschaffenen Geheimdienstes.

Staatsschutzgesetz: Gespräche mit Grünen und FPÖ gescheitert (DerStandard)

Staatsschutz: Keine Überwachung ohne Verdacht (Futurezone)

Staatsschutzgesetz: Grüne zogen einige Giftzähne (Presse)

Überwachungsstaat? Staatsschutzgesetz beschlossen (Kurier)