Nachdem es heftigen Widerstand gegen die Artikel 11 (Leistungsschutzrecht) und Artikel 13 (Uploadfilter) gab, wurde jetzt ein neuer, finaler Vorschlag vorgelegt, wie Julia Reda berichtet. Und wieder laufen alle Sturm. Aber wieso eigentlich?
Artikel 13: ein Danaergeschenk
Gerade beim Artikel 13 hat sich viel getan, der scheint jetzt ja durchaus annehmbar zu sein. Die Definition, wer darunter fallen soll, wurde stark eingeengt und lautet nun so:
‘online content sharing service provider’ means a provider of an information society service whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large amount of copyright protected works or other protected subject-matter uploaded by its users which it organises and promotes for profit-making purposes.
Da stecken eine Menge Einschränkungen drinnen. “Öffentlicher Zugang” schließt schon mal die meisten Cloud-Anwendungen aus, die einen eingeschränkten Benutzerkreis haben. “Große Menge geschützten Materials” schränkt weiter ein auf Großanbieter. Auch muss das Material “geordnet” werden. Und ganz wichtig, es muss “mit Gewinnerzielungsabsicht angepriesen werden”, womit gemeinnützige Angebote wegfallen.
Außerdem wird noch explizit eingeschränkt, dass es nicht gelten soll für Online-Enzyklopädien, gemeinnützige Sammlungen für Lehre und Wissenschaft, Open-Source-Entwicklungsplattformen, elektronische Kommunikationsdienste wie Internet-Provider, Online-Verkaufsplattformen und firmenintern oder privat genutzte Cloudservices.
Klingt toll, oder? Es scheint sich wirklich nur mehr gegen die Großen wie YouTube und Facebook zu richten und das wäre doch akzeptabel?
Durch die Festschreibung der Uploadfilter wird die Marktmacht der Großen zementiert.
Der Teufel der Uploadfilter liegt wieder mal im Detail. Durch die Festschreibung im Gesetz wird nämlich die Marktmacht der Großen zementiert. Startups stehen damit weiterhin vor einer riesigen finanziellen Hürde, denn Uploadfilter zu implementieren ist nicht einfach und daher kostenintensiv.
Aber es gibt doch eine Ausnahme? Ja, es ist eine Ausnahme für Startups vorgesehen, aber die ist auf 3 Jahre beschränkt. Das bedeutet, möchte ein Startup YouTube oder Facebook oder einem anderen der Platzhirschen Konkurrenz machen, so muss es innerhalb von weniger als drei Jahren in eine Gewinnzone kommen, die es möglich macht, die Uploadfilter zu implementieren. Die Alternative wäre, die Technologie von den bestehenden Platzhirschen Google und Facebook einzukaufen, also der Konkurrenz einen Teil des sauer verdienten Gewinns zu überlassen und damit deren Machtdominanz erhalten zu helfen.
Dass Uploadfilter auch eine höchst problematische Zensurmaschinerie sind, die noch dazu sehr fehleranfällig ist, kommt noch dazu. Aber das wichtigste Argument ist wohl:
Der Artikel 13 ist wettbewerbsbehindernd und daher abzulehnen.
Artikel 11: Viel Gummi
Auch beim Artikel 11 hat sich was getan, hier wurden Hyperlinks und private, nicht-kommerzielle Verwendung explizit ausgenommen. Ist der Vorschlag deswegen besser? Nein, denn noch immer wollen Verlage, dass man ihnen bereits für Zitate bestehend aus wenigen Worten Lizenzgebühren zahlt, und zwar auch noch zwei Jahre lang nach dem Erscheinen eines Nachrichtenartikels. Wie lang die Zitate sein dürfen, ist nicht näher definiert. Allein deswegen ist der Gesetzesvorschlag abzulehnen, weil es sich bei Artikel 11 um einen Gummi-Paragraphen ohne Rechtssicherheit handelt.
Und das grundlegende Problem bleibt weiterhin bestehen: Suchmaschinen werden sich nicht erpressen lassen, wie die Vergangenheit in Spanien und Deutschland gezeigt hat. Die deutsche Tagesschau hat das kurz und knackig erklärt:
Das Leistungsschutzrecht in Artikel 11 stellt einen untauglichen Versuch dar, das schrumpfende Geschäft der großen Nachrichtenverlage irgendwie aufzufangen.
Ironisch finde ich, dass es gerade Artikel 13 ist, der das Problem der Nachrichtenverlage prolongiert, das sie eigentlich mit Artikel 11 zu lösen versuchen. Ohne ernstzunehmende europäische Konkurrenz zu Google und Facebook werden diese weiterhin das Geschäft mit den Nachrichten dominieren … und damit ruinieren.
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Roland Giersig ist Physiker, studiert Rechtswissenschaften, ist Sicherheitsexperte und Inhaber und Geschäftsführer der Firma SafeSec. Seine Anliegen sind besonders die Transparenz der öffentlichen Verwaltung und die Einhaltung der Grundrechte im digitalen Raum.
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