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Am Freitag, den 17.5. um 18:00, konnte sich noch niemand vorstellen, wie die Welt am gleichen Tag 15 Minuten später aussehen sollte. Die österreichische Regierung saß fest im Sattel. Nach außen hin gab es Harmonie zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ.

15 Minuten später war alles anders. Die Süddeutsche Zeitung Der Spiegel und die Wiener Stadtzeitung Falter veröffentlichten gleichzeitig das nun bekannte Video, das den Vizekanzler Heinz-Christian Strache und den Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus in einer Finca auf Ibiza zeigte. Die beiden versuchten eine mutmaßliche russische Oligarchen-Nichte dazu zu überreden, die Kronen Zeitung zu kaufen und sich damit auf Seiten der FPÖ in den österreichischen Nationalratswahlkampf einzumischen.

In diesem Video wurden ungustiöse Dinge diskutiert, wie z.B. dass man “zack, zack zack” einige Krone Redakteure hinauswerfen würde, damit man positivere Berichterstattung bekäme, und damit die Krone dann die FPÖ “pusht”.

Im Gegenzug würde man öffentliche Aufträge zu überhöhten Preisen (also auf Kosten der Steuerzahler) an Firmen jener Oligarchen-Nichte vergeben.

Wir erinnern uns nur einige Wochen zurück. Der ZIB2 Anchorman Armin Wolf interviewt den Spitzenkandidaten zur Europawahl, Harald Vilimsky. Das Interview eskaliert, als Wolf ein Plakat des steirischen RFJ zeigt und – als Vilimsky sich nicht davon distanziert – Wolf es mit einem Plakat aus dem nationalsozialistischen Hetzblatt Der Stürmer vergleicht. Vilimsky droht Wolf vor laufender Kamera an, dass dieses Interview noch “Konsequenzen haben wird”.

Lügenpresse und “alternative Facts”

Generell arbeiten rechtspopulistische Parteien mit dem Narrativ der “Lügenpresse” – ob die FPÖ, Orban oder Trump. Man unterstellt der Presse allgemein bei allen Berichten, die nicht der eigenen Linie entsprechen, zu lügen. Als Trump beim Lügen erwischt wurde, wurde dann der Begriff “alternative Facts” erfunden. Also eine alternative “Wahrheit”. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, aber niemand hat das Recht auf eigene Fakten – wie Bernard Baruch, ein US Investor und Staatsmann – gesagt haben soll.

Macht braucht Kontrolle

Wir sehen also aus den Entwicklungen der vergangenen Tage und Monate wie wichtig freier, investigativer Journalismus ist. Er ist einer der kontrollierenden Faktoren in unserer Demokratie (“die 4. Macht im Staat”). Ohne funktionierende freie Presse und Aufdeckungsjournalismus kann die Politik nach Gutdünken handeln. Macht hat immer ein Nahverhältnis zur Korruption. Um hier kontrollierend zu wirken, braucht es Journalisten, die den Mächtigen auf die Finger schauen.

Finanzierung von Qualitätsjournalismus

Die digitale Transformation hat den Journalismus erheblich unter Druck gebracht. Früher haben sich Zeitungen auf der einen Seite über Einnahmen durch den Verkauf von Zeitungen auf Papier (also Verkauf des “Content” wie man neuhochdeutsch sagt) finanziert. Zum Anderen durch den Verkauf verschiedenster Inserate (großformatige Anzeigen von Firmen, Kleinanzeigen wie Immobilien oder Kauf und Verkauf von Möbeln u.ä., Kontaktanzeigen, usw.). Das dritte Standbein war die staatliche Presseförderung. Aus oben genannten Gründen hat der Staat (also wir alle) ein großes Interesse am Funktionieren der Presse.

Durch die Digitalisierung sind nun die Verkäufe von Zeitungen auf Papier dramatisch zurückgegangen. Die Zeitungen haben dann den Fehler begangen, Inhalte im Internet herzuschenken und versucht, diese über Werbeeinnahmen auf der Internet-Seite zu finanzieren. Dadurch sind die Einnahmen durch den “Content”-Verkauf drastisch zurückgegangen.

Der Verkauf von großformatiger Werbung ist ebenfalls stark zurückgegangen, denn in Social Media Plattformen wie Facebook, XING oder LinkedIn kann man viel zielgenauer Werbung schalten. Man erreicht dort exakt die Personen, die man erreichen möchte. Das ist in Zeitungen unmöglich – dort hat man hohe Streuverluste.

Die Kleinanzeigen wiederum wurden durch Plattformen wie Willhaben oder Ebay abgelöst. Kontaktanzeigen durch Kontaktplattformen von denen wohl die bekannteste Tinder ist.

Im gleichen Zeitraum wurde die Medienförderung drastisch gekürzt. Die Medienförderung beträgt nun die Hälfte von dem Wert vor 10 Jahren. Im gleichen Zeitraum stiegen aber die Ausgaben der öffentlichen Hand (sowohl auf Gemeindeebene, wie bei der Stadt Wien, als auch auf Bundesebene) für Inserate stark. Hier steckt vermutlich der gleiche Gedanke wie bei der FPÖ dahinter: “wer zahlt, schafft an”. Dass man sich also durch Inserate für den Inserenten günstige Berichterstattung erkauft. Genau das sollte nicht der Fall sein.

Digitalk Medienfinanzierung

Wir diskutieren daher in unserem nächsten Digitalk am Mittwoch, den 5. Juni, mit Medienvertretern, wie die Finanzierung von kritischem Qualitätsjournalismus auch in der “digitalen Welt” sichergestellt werden kann.  Es diskutieren:

  • Niko Alm (Addendum)
  • Matthias Stöcher (Der Standard)
  • Dr. Klaus Unterberger (ORF)
  • Sahel Zarinfard (Dossier.at)

Durch die Veranstaltung führt: Michael Eisenriegler

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
https://digisociety.ngo/veranstaltungen/medienfinanzierung/