Justizminister Brandstetter will Skype abhören
Justizminister Brandstetter (ÖVP) lässt in einem Interview mit der Presse aufhorchen. Die Abhörbefugnisse der Polizei und die neuen Befugnisse des Staatsschutzgesetzes das letzte Woche im Parlament mit Stimmen der ÖVP und SPÖ unter heftigem Protest aller Oppositionsparteien beschlossen wurde – und das jetzt schon den Behörden erlaubt Telefongespräche ohne Richterliche Anordnung und Kontrolle abzuhören gehen dem Justizminister noch nicht weit genug.
Er würde die Abhörbefugnisse auch auf alle Internet Telefoniesysteme wie Skype ausweiten, auch wenn diese Verschlüsselungstechnolgien verwenden. Grund ist wie üblich die Terrorismusbekämpfung – man wolle den “bösen Buben” keinen Technologievorsprung geben.
Offen lässt Brandstetter noch wie, technologisch diese Staatliche Abhörung funktionieren soll. Neben Backdoors, die die Technologiehersteller sicher nicht extra wegen Österreich einbauen werden, knacken der Verschlüsselung (wofür Österreich nicht die ausreichenden Ressourcen hat), bliebe dann ja nur das Einschleusen von Schadsoftware auf dem abzuhörenden PC. (Staatstrojaner). Das abgreifen der Kommunikation auf dem Quellgerät (vor der Verschlüsselung) oder am Zielgerät (nach der Verschlüsselung) wäre technisch – außer einem Backdoor – die einzige Möglichkeit ein Gespräch abzugreifen – ohne die Verschlüsselung knacken zu müssen.
Im Visier von Brandstetter ist nicht nur Skype sondern generell alle Internet Kommunikationsdienste.
Grundsätzlich ist die Idee auch elektronische Kommunikation staatlich überwachen zu können durchaus nachvollziehbar. Früher konnte man ja auch Festnetztelefongespräche nach Richterlicher Anordnung anzapfen und überwachen (Lawful Interception). Da der Staat die Kontrolle über diese Überwachungsmaßnahmen immer mehr abbaut (Die Polizei verfügt z.B. über ISMI Catcher mit denen Mobilfunkgespräche abgehört werden können. Für den Einsatz dieser IMSI Catcher ist schon jetzt keine richterliche Kontrolle vorgesehen), ist eine derartige Überwachung abzulehnen.
Es widerspricht dem Grundsatz den Schutzes der Privatspähre. Eine Überwachung sollte grundsätzlich nur nach berechtigtem Anfangsverdacht – genehmigt durch einen Richter möglich sein.
Quelle: Trotz Verschlüsselung: Brandstetter will Skype abhören (Die Presse)
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Werner Illsinger ist systemischer Coach, Unternehmensberater sowie Lektor an der FH-Kärnten. Sein Herzensanliegen ist es, dass Arbeit Spaß macht.
Möglicherweise ist unserem Herrn Bundesminister entgangen, dass Staatsschützer anderer Nationen – trotz dort noch weitreichenderer Abhörmöglichkeiten – mit den damit zur Verfügung stehenden Datenmengen – heillos überfordert waren und es auch weiterhin sind.
Schon allein die große Vielfalt der Sprachen möglicher Zielpersonen war und ist auch für große Nationen ein praktisch unüberwindliches Hindernis.
Denn gesprochene/geschriebenen Texte müssten in Realtime in auch den Ermittlern zugängliche Sprachen übersetzt werden und in der “gleichen Sekunde” auch hinsichtlich ihrer Bedeutung bzw. des möglichen Gefährdungspotentials analysiert werden, um ein rechtzeitiges und gezieltes Eingeifen von Sicherheitskräften und damit die Verhinderung geplanter Taten bzw. Anschläge zu ermöglichen.
Wenn dann der Inhalt dieser gesprochenen Sätze noch aus bildhaften Beschreibungen ( z.B. aus nur kulturellem Insidern bekannten Literaturstellen oder heiligen Schriften – ) besteht, dann nützt selbst die syntaktisch korrekte Übersetzung deratiger Texte nicht , weil sich die Bedeutung der Texte erst aus dem kulturellen Kontext der jeweiligen Schriftquellen und der mit der Übermittlung dieserTexte verfolgten Absicht ergeben könnte.
Wenn dann noch berücksichtigt wird, dass z.B. im Falle eines “erweiterten” Cyberwars über diese überwachten Kanäle ( Skype, Facebook, … ) auch – von Kriminellen/Terroristen/feindlich gesinnten Organisationen/Staaten – bewusst Falschinformationen verbreitet werden könnten – z.B. um die Staatsschützer von den “wirklich relevanten” Vorgängen abzuhalten bzw. abzulenken -, dann erscheint der Versuch, durch proaktives Abhören bzw. Vorratsdatenspeicherung ( “Generalverdacht gegen Alle” ) die Vorbereitung wirklich gefährlicher Taten verhindern zu können, eine gefährliche Illusion zu sein, die noch dazu Unsummen der in unserem Staatshaushalt ohnehin immer weniger verfügbaren – bzw. disponierbareren – Finanzmittel binden wird.
Nach fast jedem, der in den letzten Jahren erfolgten, Anschläge, gab es dann Meldungen in den Medien, dass die jeweiligen Sicherheitsbehörden einige der Täter ohnehin schon unter Beobachtung hatten, aber eine unmittelbar bevorstehende Beteiligung dieser Personen an Anschlägen nicht erkennen konnten.
Das heisst : trotz allen Überwachungsaufwandes konnten diese Taten letztlich nicht verhindert werden und hat daher dieser Überwachungaufwand keine erhöhte Sicherheit für die jeweils betroffenenen Teile der Bevölkerung gebracht.
Da es auch abseits organisierter Kriminalität bzw. von Terrorismus leider immer wieder zu Amokläufen ( durch “Einheimische” an “Einheimischen” ) und ähnlichen Vorfällen kommt, müsste vermutlich in fast jedem Staat der Welt große Teile der Bevökerung als möglicherweise (in Zukunft) tatverdächtig eingestuft werden.
Wenn man Soziologen bzw. Psychologen glauben schenkt, dann sind vor allem jene Personen besonders anfällig für Radikalisierung/Terrorismus/ Amoklauf, die nichts mehr zu verlieren haben/ sich ohnehin schon immer ungerecht behandelt fühlten/ sich andauernd herabgesetzt sehen / nichts mehr zu verlieren haben und keinen Ausweg mehr für sich sehen.
Villeicht wären Investitionen in Bereiche, die mithelfen würden, die Lebens-Situation ( “Soziale Lage” , Umweltsituation, wirtschaftliche Situation ) jedes Menschen – nicht nur national sondern weltweit – erträglicher zu gestalten und zu verbessern, langfristig gesehen wesentlich wirtschaftlicher und effektiver, als allein polizeistaatliche Überwachungs- und Abwehrmaßnahmen zu forcieren.
@Erich
Auf den Punkt gebracht, wer eine für ihn/sie befriedigende Aufgabe hat und diese ihm/ihr auch ein ausreichendes Einkommen beschert, wird kaum auf radikale Gedanken kommen. Für die Jugend in den „Flegeljahren“ gilt – ausreichend und sinnvoll auch in der Freizeit beschäftigen. Am Land ist das noch eher gegeben, denn dort finden sich noch ausreichend Vereine, wie Feuerwehr, Sportvereine, Dorfjugend, im Umfeld der Kirchen, usw.
Nur leider genügt es nicht, derart sinnvolle Beschäftigung nur für unsere eigene “Dorfjugend” sicherzustellen , sondern für alle ( nicht nur Jugendliche) überall auf der Welt –
denn “unsere Welt” ist mittlerweile schon lange zum “globalen Dorf” geworden.
Und zu glauben irgendein Freiheitskampf, Aufstand, Krieg, Kraftwerksunfall, Naturkatastrophe …. betrifft uns nicht, nur weil sich dieses Geschehen nicht direkt an unseren Staatsgrenzen abspielt, stellt sich spätestens dann als schwerer Irrtum heraus, wen uns die ersten Flüchtlingswellen überrollen. Und wenn wir nicht gemeinsam mit allen anderen “reichen” Staaten dafür sorgen, dass es auch für diese Flüchtlinge wieder eine bessere Zukunft geben wird, dann treiben wir einige (viele?) von diesen in die Arme von (nicht nur religiösen/politischen) Fundamentalisten, die ihnen das “Blaue vom Himmel” versprechen, wenn sie sich nur ihrem Kampf anschließen würden .
Und gegen diese weiteren/neuen Kämpfer sind wir mit unseren derzeit überwiegend polizeistaatlichen Abwehrmethoden noch mehr auf verlorenene Posten , als wir dies jetzt schon sind.