Täglich erfahren wir neue Details von politischen Verfehlungen. Medien werden über Inserate angefüttert, Geld und Posten an politische Freunde verteilt und Korruption ist ein allgegenwärtiges Thema. Menschen wissen nicht, was man dagegen tun kann. Dieses Ohnmachtsgefühl führt zu Demokratieunzufriedenheit und Politik-Müdigkeit. Die sinkende Wahlbeteiligung spricht eine klare Sprache (Bei der letzten Bundespräsidentenwahl lag z.B. die Wahlbeteiligung nur noch bei 65%.)
Digitalisierung und Medienfinanzierung
Die Digitalisierung hat manche Probleme verursacht bzw. verstärkt. Die Geschäftsmodelle der Medien funktionieren nicht mehr. Medien haben sich früher aus vielfältigen Einnahmequellen finanziert. Der Verkauf von Zeitungen ist seit Jahren rückläufig. Inserate werden von Unternehmen daher eher online geschaltet als in klassischen Medien. Kontaktanzeigen wurden durch Tinder und andere Online-Portale verdrängt, Kleinanzeigen durch Willhaben. Klassische Medien haben also viele Mitbewerber im Onlinebereich erhalten, daher sind die Einnahmen rückläufig.
„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
Die nebenstehende Statistik zeigt die US-Zahlen. Der Zeitungs- Anzeigenmarkt ist 2020 wieder auf dem Niveau von 1950 gewesen (inklusive online) und von fast 70 Milliarden US Dollar im Jahr 1998 auf rund 20 Milliarden 2020 gefallen.
Klassische Medien finanzieren mit ihren Einnahmen Journalisten. Online-Medien (wie Meta/Facebook oder Google) stellen keine Journalist*innen an. Sie haben aber den Großteil der Werbeeinnahmen von den klassischen Medien übernommen.
Das ist der Hauptgrund, warum das „Anfüttern“ der Medien durch Inserate der öffentlichen Stellen so leicht geworden ist. Die Medien brauchen Geld, um sich zu finanzieren. Dies ist problematisch. Es ist damit keine kritische Berichterstattung der Medien mehr zu erwarten. Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht.
Digitalisierung und Reichweite
Früher hatten Medien eine Gatekeeper-Funktion. Nur jemand, der es geschafft hatte, dass (reichweitenstarke) Medien über ihn berichten, konnte auch Reichweite bekommen. Heute, durch die digitalen Medien kann das jede(r). In Deutschland ist beispielsweise der YouTube-Blog “Härtetest” mit 20 Mio. Abonnenten und über 3 Milliarden Video Aufrufen das reichweitenstärkste Blog. Im Vergleich dazu: Die ZIB1 hat eine Reichweite von 1,1 Mio., die ARD-Tagesschau hat rund 11 Mio. Seher. Diese enormen Reichweiten von Online-Medien geben auch in Verbindung mit sozialen Medien die Möglichkeit, „Fake News“ – früher hätte man vermutlich Propaganda dazu gesagt, ungefiltert an eine große Zahl von Menschen zu verbreiten. Das Schwierige dabei ist, dass sich „Aufreger“-Videos dabei besonders stark verbreiten und aufgrund von mangelnder Medienkompetenz besonders viel Einfluss haben. Denn viele Menschen glauben einfach alles, was sie sehen oder hören und was zu ihrem Weltbild passt.
Lösung der anstehenden Probleme
Der Oberösterreichische Landtag initiierte im Jahr 2020 das “Demokratieforum Linz“. Dort wurden Antworten auf die Frage „Wie können wir die Demokratie in Österreich reparieren?“ gesucht.
Das Resultat dieser Arbeit lässt sich mit vier Themenschwerpunkten zusammenfassen, welche wir für unser Programm übernommen haben:
- Information & Wissen (Schule, Medien)
Damit Bürger*innen sich informiert in den politischen Prozess einbringen können, benötigen sie sowohl Grundlagenwissen über das politische System als auch verständlich aufbereitetes aktuelles Wissen über die anstehenden Herausforderungen und Lösungsansätze. Es muss sichergestellt sein, dass die Medien ihre Arbeit möglichst frei von politischem Einfluss verrichten können. - Bürger*innenbeteiligung (Partizipation)
Wenn sich Bürger*innen am Entscheidungsfindungsprozess einbringen können, erhöht das die Zufriedenheit mit gefundenen Lösungen - Lösungsorientierte Politik
Politik soll lösungsorientiert sein, daher es müssen rasch Lösungen auf die anstehenden Herausforderungen gefunden werden, die alle Beteiligten (Stakeholder) berücksichtigt. - Saubere Politik (Compliance)
Die Politik ist gefordert sich an die Gesetze, die sie selbst beschließt, auch zu halten. Tut sie das nicht, verspielt sie das Vertrauen der Menschen sehr schnell.
Lösung
Wir – die Digital Society – sind der Meinung, dass viele der großen anstehenden Probleme in diesen Bereichen mittels digitaler Tools leichter gelöst werden können. Wir planen über die nächsten sechs Monate eine Veranstaltungsserie (DigiTalks), zu der wir nicht nur zur Teilnahme, sondern auch zur aktiven Mitgestaltung einladen. Beispielsweise ist Wissensvermittlung an die breite Bevölkerung mittels digitaler Tools wesentlich leichter geworden. Auch die Partizipation ist mittels digitaler Tools wesentlich leichter, als für jede anstehende Entscheidung Menschen an die Wahlurnen oder ins Gemeindeamt zu Stimmenabgabe zu rufen. Digitale Tools bieten auch die Möglichkeit, Diskurs mit anderen Menschen über weite Entfernungen zu führen. So können sich heutzutage Menschen aus Vorarlberg mit Menschen aus dem Burgenland über anstehende Probleme unterhalten, ohne lange Reisen auf sich nehmen zu müssen. Da viele Prozesse in unserem Staat bereits digital sind, bietet die zur Verfügungstellung der Informationen auch große Möglichkeiten für Transparenz, und das wiederum ist ein wichtiges Gegenmittel gegen Korruption, was aber leider noch viel zu wenig genutzt wird.
Wir veranstalten daher gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern zu jedem der oben genannten Themen eine Abendveranstaltung (DigiTalk), um über Herausforderungen und bekannte Lösungsansätze mit Expert*innen zu diskutieren. Die DigiTalks sollen dazu dienen, die Herausforderungen konkret zu formulieren. Die Ergebnisse bilden die Arbeitsbasis für das Barcamp, um dort konkrete Lösungsvorschläge zu erarbeiten.
DigiTalk-Termine:
Das ist der derzeitige Planungsstand mit den bisherigen prominenten Zusagen zu der Veranstaltungsserie.
- Mi 30.11.2022 Information & Wissen
- Mi 25.01.2023 Bürger*innenbeteiligung (Partizipation)
- Mi 22.02.2023 Lösungsorientierte Politik
- Mi 29.03.2022 Saubere Politik (Compliance)
Als Abschluss und großes Finale der Reihe planen wir ein ganztägiges Barcamp, wo wir gemeinsam mit allen Interessierten, aber auch und besonders mit politisch engagierten Menschen, Forderungen und Lösungsvorschläge erarbeiten möchten.
Barcamp:
- Sa 22.04.2023 Zukunft der Demokratie
Die Ergebnisse werden dann in der Folge an die politisch Entscheidenden herangetragen und weiterverfolgt.
Nächste Schritte
Wir ersuchen, sich die Termine vorzumerken. Die Anmeldung zu den Veranstaltungen wird demnächst möglich sein und ist kostenlos.
Wenn Sie sich für ein Thema interessieren und sich auch inhaltlich oder organisatorisch in die Arbeit einbringen möchten, wenn Sie eine Partnerschaft bieten können, dann kontaktieren Sie bitte die Digital Society unter info@digisociety.ngo
- Über den Autor
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Werner Illsinger ist systemischer Coach, Unternehmensberater sowie Lektor an der FH-Kärnten. Sein Herzensanliegen ist es, dass Arbeit Spaß macht.