[Eingesendet von Tillmann Braun]

Seit einem Jahr können Verbraucher in Deutschland frei entscheiden, welche Endgeräte sie an ihrem Breitbandanschluss einsetzen. In anderen Ländern ist die Gesetzgebung  deutlich weniger verbraucherfreundlich – dazu zählt auch Österreich. Dabei zeigt sich am Beispiel Deutschland, dass die sogenannte Routerfreiheit nicht zu den Horrorszenarien führt, die Provider gerne an die Wand malen. Das Gegenteil ist der Fall. 

Bereits 2015 machte die EU deutlich, dass es das Recht jedes Endanwenders ist, selbst zu entscheiden, welches Breitbandgerät er nutzen möchte. Die Realität sieht jedoch anders aus. Millionen von Kunden werden dazu gezwungen, das Modem bzw. den Router des Anbieters zu nutzen. Die Kunden, die für die Einrichtung des Endgerätes ihrer Wahl meist lediglich die entsprechenden Zugangsdaten in Form von Benutzernamen und Passwort benötigen, erhalten diese Informationen selbst auf Nachfrage häufig nicht.

Verbraucher in Deutschland haben es da deutlich besser. Dank des TK-Endgerätegesetz können die Kunden seit dem  1. August 2016 selbst entscheiden, welches Endgerät sie an ihrem Anschluss verwenden. In dem Gesetz wird detailliert festgehalten, dass das öffentliche Telekommunikationsnetz am passiven Netzabschlusspunkt, also an der Anschlussdose an der Wand endet. Durch diese klare Definierung, können die Anbieter nicht mehr argumentieren, dass das Endgerät Teil ihres Netzes ist.

Die Routerfreiheit wurde von zahlreichen Verbraucherorganisationen sowie vom Verbund der Telekommunikations-Endgerätehersteller (VTKE) begrüßt. „Durch einen Routerzwang entstehen Anwendern erhebliche Nachteile, beispielsweise durch fehlende Funktionalitäten der Zwangs-Endgeräte oder Probleme hinsichtlich der IT-Sicherheit und des Datenschutzes“, sagt Simon Kissel, Gründer und CEO des Router-Herstellers und VTKE-Mitglieds Viprinet. „Seit einem Jahr können Verbraucher in Deutschland nunmehr frei wählen, ob sie mit dem Standardgerät des Providers zufrieden sind oder ein Endgerät im Handel erwerben wollen, das ihren Bedürfnissen besser entspricht. Das von Providern befürchtete Chaos hat sich aber – wie erwartet – nicht bewahrheitet“, so Simon Kissel.

Die Vorteile der freien Endgerätewahl liegen auf der Hand. So können Endanwender die Leistung sowie den Funktionsumfang ihres Endgeräts und damit ihres Heimnetzwerks erhöhen, indem sie ein höherwertiges Produkt als das Zwangsgerät des Anbieters verwenden. Gehört beispielsweise der Router per Gesetz nicht länger zum öffentlichen Netzwerk, befinden sich sämtliche Daten auch weiterhin im privaten Netzwerk, wodurch die Privatsphäre des Verbrauchers deutlich besser geschützt ist. Kommt es zu Sicherheitsproblemen, muss der Verbraucher zudem nicht mehr warten, bis der Netzanbieter aktiv wird. Stattdessen kann er sich selbst helfen und das Problem beseitigen, indem er ein Sicherheitsupdate selbst aufspielt oder notfalls das Endgerät austauscht.

Der Anbieterwechsel wird ebenfalls leichter, da das „alte“ Endgerät weiterverwendet werden kann. Die Anschaffung eines neuen Gerätes sowie eine komplett neue Konfigurierung sind nicht notwendig.

„Ein offener Wettbewerb um die Gunst der Endverbraucher führt letztlich zwangsläufig auch zu leistungsfähigeren und innovativeren Produkten“, erklärt Christian Auerswald, Geschäftsführer der Auerswald GmbH, die als Anbieter von ITK-Systemen und IP- Kommunikationslösungen auch dem VTKE angehört. „Davon profitieren am Ende logischerweise die Kunden – aber auch die Unternehmen, die innovativ und ambitioniert sind.“ In vielerlei Hinsicht verhindert der Routerzwang (ISP Lock) also wichtige Entwicklungen und Trends. Am Mobilfunkmarkt, wo seit jeher die freie Wahl des Endgerätes gilt, zeigt sich deutlich, wie schnell und mitunter revolutionär die Entwicklung voran gehen kann. Das hat dazu geführt, dass Verbraucher nunmehr Dinge mit ihren Handys erledigen können, die mit dem klassischen Telefonieren nichts mehr zu tun haben. Die Unternehmen, die diese Entwicklungen am kundenfreundlichsten vorangebracht haben, sind die, die heute am besten dastehen. Ohne diese Entwicklung fernab von Zwangsprodukten wären Smartphones bei Weitem nicht so leistungsfähig, wie sie es mittlerweile sind.

Trotz mitunter großen Widerstands können die deutschen Anwender seit inzwischen einem Jahr bei DSL, Kabel oder auch Glasfaser ihr Endgerät nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen wählen. Von Horrorszenarien wie überlasteten Hotlines und Service-Teams, weil Kunden ihre Wunschprodukte nicht zum Laufen bekommen, oder aber von kundeneigenen Endgeräten verursachten Netzzusammenbrüchen keine Spur. Dennoch herrscht in Österreich sowie in vielen anderen europäischen Ländern weiterhin der Router-Zwang. Die einzige Möglichkeit, die Kunden hier haben, um dennoch das Endgerät ihrer Wahl zu nutzen, ist, dieses hinter den Zwangsrouter des Providers anzuschließen. Das geht jedoch zu Lasten des Geldbeutels und der Umwelt, schließlich zahlt der Verbraucher sowohl für die Anschaffung als auch für die Stromversorgung jeweils doppelt.