{"id":21630,"date":"2019-05-24T19:32:16","date_gmt":"2019-05-24T17:32:16","guid":{"rendered":"https:\/\/press.ccc.at\/dsnew\/?p=21630"},"modified":"2021-08-10T12:46:44","modified_gmt":"2021-08-10T10:46:44","slug":"transparenter-staat-private-buerger","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/digisociety.ngo\/2019\/05\/24\/transparenter-staat-private-buerger\/","title":{"rendered":"Transparenter Staat \/ Private B\u00fcrger"},"content":{"rendered":"

Mich hat heute folgendes E-Mail erreicht, als Reaktion zu unserer Einladung zum Digitalk<\/a> am 5.6. zum Thema “Digitalk<\/a>: Medienfinanzierung im Zeitalter der Digitalisierung<\/a>”:<\/p>\n

\n
\n

dieser “investigative Journalismus” ist beileibe nicht das, was in einer Demokratie wichtig ist. Im Gegenteil, das war eine klar strafbare Handlung; das Abh\u00f6ren von Abgeordneten ist eigentlich Hochverrat und nat\u00fcrlich ein krasser Versto\u00df gegen den Datenschutz<\/a>, auch die Ver\u00f6ffentlichung in der Art, wie sie erfolgt ist.<\/em><\/p>\n

Ich verstehe nciht, wie jemand, der sich sonst f\u00fcr Datenschutz<\/a> einsetzt, alles \u00fcber Bord wirft, wenn es der richtigen Seite nutzt!<\/em><\/p>\n<\/div>\n<\/blockquote>\n

\n

Meiner Meinung nach wird hier etwas g\u00e4nzlich missverstanden. Amtstr\u00e4ger der Republik haben in ihrer Funktion die Interessen der B\u00fcrger_innen wahrzunehmen. Die B\u00fcrger_innen haben ein Recht darauf zu erfahren, wie diese Amtstr\u00e4ger mit der ihnen anvertrauten Verantwortung umgehen.<\/p>\n

Die Frage, wie dieses Video mit Vizekanzler Strache und Vizeb\u00fcrgermeister Gudenus zustande gekommen ist, ist f\u00fcr die derzeitige Debatte vollkommen nebens\u00e4chlich. Es existiert und die beiden oben genannten Herren bestreiten auch nicht, dass es authentisch ist. Die Medien haben sich auch die notwendige M\u00fche gegeben, das vor Ver\u00f6ffentlichung zu pr\u00fcfen.<\/p>\n

Die beiden Herrschaften haben nat\u00fcrlich ein Recht darauf, dass ihre Privatsph\u00e4re gewahrt wird. Auch darauf haben die Journalisten so weit wie m\u00f6glich R\u00fccksicht genommen. Es wurden nur rund 5 Minuten von 7 Stunden Videomaterial ver\u00f6ffentlicht. Die ausgew\u00e4hlten Passagen hatten allesamt mit ihren politischen Funktionen zu tun und ihrer Sichtweise, wie man das Amt versteht, und wie man mit \u00f6ffentlichen Geldern, die einem anvertraut werden k\u00f6nnten, umgehen w\u00fcrde. Es wurden keine privaten Details, die im Video sicherlich enthalten waren, ver\u00f6ffentlicht. Die Journalisten sind hier sehr sorgsam vorgegangen. B\u00fcrger sollen, wenn sie zur Wahlurne schreiten, wissen, welche Geisteshaltung \u00f6ffentliche Amtstr\u00e4ger haben.<\/p>\n

Das f\u00fchrt uns zu Grunds\u00e4tzen der Digital Society:<\/p>\n

Die Privatsph\u00e4re der B\u00fcrger_innen muss gesch\u00fctzt werden<\/h2>\n

Wir setzen uns f\u00fcr den Schutz der Privatsph\u00e4re der B\u00fcrger_innen ein. Eine Demokratie kann nur dann funktionieren, wenn die Privatsph\u00e4re der B\u00fcrger_innen gewahrt bleibt, und wenn sich Meinungen unbeeinflusst und unbeobachtet bilden k\u00f6nnen. Jeder B\u00fcrger und jede B\u00fcrgerin hat das Recht, seine\/ihre Meinung zu \u00e4u\u00dfern, und es muss auch gew\u00e4hrleistet sein, dass sich aus einer Meinungs\u00e4u\u00dferung keine negativen Konsequenzen ableiten. Wenn man bei der Meinungs\u00e4u\u00dferung vorsichtig sein muss, dann verhindert das einen offenen Diskurs.<\/p>\n

Viele der \u00dcberwachungsgesetze, die in den letzten Jahren beschlossen wurden, verletzen diesen Grundsatz. Der Staat hat in einer freien demokratischen Gesellschaft erst das Recht B\u00fcrger_innen zu \u00fcberwachen, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt und ein Gericht die \u00dcberwachung von B\u00fcrgern verf\u00fcgt.<\/p>\n

Der Staat muss transparent werden<\/h2>\n

Wir B\u00fcrger und B\u00fcrgerinnen sind die “Chefs” des Staates. In der \u00f6sterreichischen Bundesverfassung steht: “\u00d6sterreich ist eine demokratische Republik – Ihr Recht geht vom Volk aus”. Die Politiker und die Verwaltung sind unsere Angestellten. Damit wir B\u00fcrger aber \u00fcberhaupt die M\u00f6glichkeit haben die Rolle des “Chefs” wahrzunehmen, ben\u00f6tigen wir Transparenz<\/a> in den Vorg\u00e4ngen der Republik. Wenn es beispielsweise g\u00e4nzlich transparent w\u00e4re, wie in \u00d6sterreich die Beschaffung im Bereich von \u00f6ffentlichen Auftr\u00e4gen funktioniert, dann k\u00f6nnte jemand gar nicht anbieten, etwas zu \u00fcberh\u00f6hten Preisen einzukaufen, denn das w\u00e4re \u00f6ffentlich nachvollziehbar. Bei Gro\u00dfauftr\u00e4gen ist es das (dank der EU) bereits so, Auftr\u00e4ge unter \u20ac 100.000 k\u00f6nnen jedoch (noch) “freih\u00e4ndig” vergeben werden.<\/p>\n

\u00d6sterreich hat im Bereich der Transparenz<\/a> einen gro\u00dfen Aufholbedarf. Dort, wo Intransparenz herrscht und Menschen Macht haben, kommt es unweigerlich zu Korruption.<\/p>\n

\u00d6sterreich ist das letzte Land in Europa, in dem es noch ein Amtsgeheimnis gibt. Die Parteien haben zwar zugesagt, dies \u00e4ndern zu wollen, aber mehr als Lippenbekenntnisse gab es bisher nicht.<\/p>\n

Wir haben ein lasches Parteienfinanzierungsgesetz, das der Rechnungshof scharf kritisiert. Im Grunde ist das Konstrukt, im Video mit Vereinen die Spenden zu lukrieren und f\u00fcr parteinahe Aktivit\u00e4ten auszugeben zwar illegal, aber auch gang und gebe. Niemand kann nachvollziehen, wer an diese Vereine spendet, weil die Vereine formal unabh\u00e4ngig sind und Vergehen im Bereich der Parteienfinanzierung keine strafbare Handlung sind. Daher kann ein Staatsanwalt auch keine Konten\u00f6ffnung im Verdachtsfall anordnen.<\/p>\n

In \u00d6sterreich ist zwar das Budget sehr transparent (also wir wissen, wie viel der Bund ausgeben m\u00f6chte), die Ausgaben sind jedoch vollkommen intransparent. Wir k\u00f6nnen daher nicht nachvollziehen, ob die Budgets auch nur ann\u00e4hernd eingehalten wurden, und warum sie \u00fcberzogen wurden.<\/p>\n

Die “R\u00e4ubergeschichten”, die Herr Strache erz\u00e4hlt hat, sind also alle im Bereich des Machbaren – eben weil in \u00d6sterreich die Transparenz<\/a> fehlt. Es w\u00fcrde also wundern, wenn nicht auch Teile dieser “R\u00e4ubergeschichten” tats\u00e4chlich passieren.<\/p>\n

Unser Bundespr\u00e4sident fordert, das Vertrauen der Bev\u00f6lkerung in die Politik wieder herzustellen. Ohne schonungslose Transparenz<\/a> sowohl im politischen Prozess<\/a> (Entstehung von Gesetzen) als auch im Verwaltungsbereich (vor allem im Bereich der Staatsfinanzen) wird es aber enorm schwierig werden, das Vertrauen der Bev\u00f6lkerung wiederzugewinnen.<\/p>\n

Investigativer Journalismus<\/h2>\n

Ohne diese vollst\u00e4ndige Transparenz<\/a> ist die einzige M\u00f6glichkeit korrupte Politiker zu \u00fcberf\u00fchren, sie “mit rauchendem Colt” zu erwischen. Dies ist beispielsweise beim fr\u00fcheren Innenminister Strasser passiert und das Gleiche ist jetzt den beiden oben genannten in Ibiza passiert.\u00a0 Unsere Haltung hat nichts mit Parteizugeh\u00f6rigkeit zu tun. Politiker mit einer Geisteshaltung wie Strasser, Gudenus oder Strache haben in der Politik nichts verloren.<\/p>\n

Journalisten haben die Pflicht, uns \u00fcber Machenschaften von Politikern zu informieren. Sie sind, solange wir keine Transparenzgesetze haben, die einzige Chance, uns B\u00fcrger informiert zu halten, welche Politiker ihren Job ernst nehmen und f\u00fcr uns arbeiten oder so wie Strache und Gudenus uns verkaufen wollen.<\/p>\n

Wie kritischer investigativer Journalismus unterst\u00fctzt und finanziert werden kann, ist daher besonders wichtig und wir besch\u00e4ftigen uns damit bei unserem n\u00e4chsten Digitalk<\/a> am 5.6.
\n
https:\/\/digisociety.ngo\/veranstaltungen\/medienfinanzierung\/<\/strong><\/a><\/p>\n

Digital Society \u2013 eine gro\u00dfe Bitte!<\/h2>\n

Die Digital Society ist ein von Firmen und Parteien unabh\u00e4ngiger Verein. Wir setzen uns mit dem Fokus der \u201eDigitalen Transformation\u201c \u2013 f\u00fcr B\u00fcrger_innen und Unternehmen ein. Wir diskutieren mit engagierten Menschen innerhalb und au\u00dferhalb des Vereins, wo die digitale Welt hingehen soll und wie wir sie gestalten wollen. Unsere \u201cTeams\u201d bringen die besten K\u00f6pfe zusammen, identifizieren Herausforderungen, erarbeiten L\u00f6sungsm\u00f6glichkeiten und sammeln \u201eBest Practices\u201d.<\/p>\n

Gemeinsam wollen wir nach unserem Motto \u201c\u2026 changing the digital world together!\u201d nichts weniger, als die Welt zu einem besseren Platz zu machen.<\/p>\n

Unterst\u00fctzen auch Sie uns dazu mit einer Mitgliedschaft, Ihrer Mitarbeit, oder einer Spende:
\n
https:\/\/digisociety.ngo\/Mitmachen<\/strong><\/a><\/p>\n

 <\/p>\n

 <\/p>\n<\/div>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Mich hat heute folgendes E-Mail erreicht, als Reaktion zu unserer Einladung zum Digitalk am 5.6. zum Thema “Digitalk: Medienfinanzierung im Zeitalter der Digitalisierung”: dieser “investigative Journalismus” ist beileibe nicht das, was in einer Demokratie wichtig ist. Im Gegenteil, das war eine klar strafbare Handlung; das Abh\u00f6ren von Abgeordneten ist eigentlich Hochverrat und nat\u00fcrlich ein krasser […]<\/p>\n","protected":false},"author":1128,"featured_media":21631,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_bbp_topic_count":0,"_bbp_reply_count":0,"_bbp_total_topic_count":0,"_bbp_total_reply_count":0,"_bbp_voice_count":0,"_bbp_anonymous_reply_count":0,"_bbp_topic_count_hidden":0,"_bbp_reply_count_hidden":0,"_bbp_forum_subforum_count":0,"_et_pb_use_builder":"","_et_pb_old_content":"","_et_gb_content_width":"","rank_math_lock_modified_date":false,"footnotes":"","_wpscp_schedule_draft_date":"","_wpscp_schedule_republish_date":"","_wpscppro_advance_schedule":false,"_wpscppro_advance_schedule_date":"","_wpscppro_custom_social_share_image":0,"_facebook_share_type":"","_twitter_share_type":"","_linkedin_share_type":"","_pinterest_share_type":"","_linkedin_share_type_page":"","_instagram_share_type":"","_medium_share_type":"","_selected_social_profile":[]},"categories":[157,5725,5726,219,75],"tags":[72,705,447,158,704],"class_list":["post-21630","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-pressefreiheit","category-menschen","category-staat","category-privatsphaere","category-transparenz","tag-datenschutz","tag-gunedus","tag-presse","tag-pressefreiheit","tag-strache"],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-content\/uploads\/sites\/23\/2019\/05\/ibiza-text-on-a-beach-1549018165LJJ.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/21630","targetHints":{"allow":["GET"]}}],"collection":[{"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1128"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=21630"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/21630\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/media\/21631"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=21630"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=21630"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/digisociety.ngo\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=21630"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}