Team Arbeit

Wir hatten gestern (10.10.2018) im Zuge unserer Digitalks eine Podiumsdiskussion mit Experten zum Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Unsere Diskutanten waren:

  • Michael Bartz (Professor an der IMC FH Krems – Schwerpunkt Arbeit 4.0 / New World of Work)
  • Leopold Miedl (Ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der RHI AG)
  • Markus Raunig (Geschäftsführer des Vereins Austrian Startups)
  • Albert Steinhauser (ehemaliger Clubchef der Grünen und Mitarbeiter in der GPA/DJP)

Ausgangspunkt für die Diskussion waren die neuen Arbeitszeitgesetze, die von der Regierung beschlossen wurden, und die seit September 2018 in Kraft sind.

Gleich am Anfang der Diskussion waren sich die Diskutanten einig, dass die neuen Arbeitszeitregelungen eigentlich eine Themenverfehlung sind. Natürlich benötigen wir in der “digitalen Arbeitswelt” neue Regelungen, aber die neuen Gesetze schaffen die notwendigen Rahmenbedingungen nicht einmal ansatzweise.

Die Diskussion war sehr ausgewogen, und auch wenn man meinen könnte, dass hier die Meinungen zwischen Arbeitnehmerseite und Arbeitgeberseite weit auseinander liegen, haben sich einige Themen herauskristallisiert, die sehr wichtig wären, aber derzeit in der Diskussion kaum Beachtung finden:

  • Klassischer “Arbeitsplatz” versus neue Arbeitsmodelle
    Derzeit ist ein Großteil der Arbeitnehmer noch immer in klassischen Arbeitsmodellen beschäftigt. Sie gehen also in die Arbeit und sind an Anwesenheit gebunden. Die digitale Transformation wird dieses Verhältnis aber in den kommenden Jahren/Jahrzehnten umkehren. Immer mehr Arbeitnehmer werden nicht an eine Anwesenheit gebunden sein, weil die Betriebsmittel digital werden.
  • Flexibilisierung ist keine Einbahnstraße
    Flexibilisierung muss in beide Richtungen gelten. Das Unternehmen bekommt mehr Möglichkeiten und Freiheiten, diese Freiheiten müssen aber auch Mitarbeitern gewährt werden. Wenn die Flexibilisierung in beide Richtungen geht, dann schafft das erstrebenswerte Arbeitsbedingungen und motiviert die Mitarbeiter (Beispielsweise Gleitzeitregelungen ohne Kernzeit).
  • Mitarbeiter als “Unternehmer”
    Wenn ein Mitarbeiter Mitverantwortung im Unternehmen trägt, dann fühlt er sich auch in gewisser Weise für den Unternehmenserfolg (mit-)verantwortlich. Manche Firmen gehen auch den Weg, ihre Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen. Das stärkt natürlich auch die Motivation von Mitarbeitern zum Unternehmenserfolg beizutragen. In manchen Fällen werden Mitarbeiter aber auch in diese Rolle gezwungen, wenn sie in die Selbstständigkeit gedrängt werden.
  • Missbrauch von “All-In” Modellen
    In vielen Fällen werden in Österreich “All-In” Modelle dazu verwendet, Arbeitszeitregelungen zu umgehen. Das ist in manchen Fällen (keine oder gänzlich erfundene Zeitaufzeichnungen) sogar illegal, ist aber trotzdem gelebte Praxis.
  • Ausbildung der Unternehmensführung / Management
    Das Führen von Mitarbeitern unter flexiblen Arbeitsbedingungen erfordert Vertrauen und auch andere Führungsmethoden. In vielen Bereichen sind die Manager dazu nicht ausgebildet.
  • Aus- und Weiterbildung für eine erfolgreiche Bewältigung der digitalen Transformation
    Lebenslanges Lernen (der Erwerb von Grund- und Spezialfertigkeiten) ist überlebenswichtig – heute und in Zukunft noch mehr. Im Erwerbsleben stehende Personen (die Arbeitnehmer) müssen darauf vorbereitet werden der digitalen Transformation zu folgen / sie erfolgreich im Unternehmen umzusetzen und auch mit flexibleren Arbeitsbedingungen umzugehen.
  • Arbeitszeit versus Produktivität
    Die Arbeitszeit in Produktionsbetrieben ist oft ein gutes Messkriterium für Arbeit. Es gibt aber gute Beispiele von Unternehmen, wo mehr Arbeitszeit zu weniger Produktivität bei den Mitarbeitern führt. Ein ausgeruhter konzentrierter Mitarbeiter leistet mehr Arbeit als ein müder, der nur wartet, bis die Arbeitszeit um ist.
  • Arbeit versus Erholung
    In der heutigen schnelllebigen Zeit – in der man “always on” ist – scheint auch die Freizeit weniger Erholung zu bieten als früher, als man noch durch das Verlassen der Arbeitsräumlichkeiten den Job komplett hinter sich gelassen hat. Hier ist es notwendig, den Menschen auch beizubringen, wie sie damit umgehen. Jeder ist gefordert sich selbst auch einmal dazu zu zwingen, eine gewisse Zeit offline zu gehen und abzuschalten.
  • Hohe Arbeitsbelastung und Krankheit
    Zu hohe Arbeitsbelastung, zu wenig Erholungsphasen, zu viel Stress führen nachweislich zu kranken Mitarbeitern. Es liegt im Interesse des Mitarbeiters, aber auch der Unternehmen, dass die Mitarbeiter ausreichend Phasen zur Erholung haben, um leistungsfähig und gesund zu bleiben.
  • Bildung (Schule, Universität, …)
    Unser Bildungssystem wurde dazu erfunden, dass es brave und folgsame Fabrikarbeiter generiert. Das macht es ausgezeichnet. Allerdings verändern sich die Anforderungen an Mitarbeiter immer stärker. Es ist künftig vielmehr Flexibilität und Kreativität gefordert. Laut Studien wird es 50% der Jobrollen, die es derzeit gibt, in 20 Jahren nicht mehr in dieser Form geben, dafür viele neue Rollen. Das Schulsystem muss daran arbeiten, die Menschen auf diese geänderten persönlichen Anforderungen vorzubereiten.
    Anmerkung: Bildung ist immens wichtig für einen erfolgreichen Einstieg in das Erwerbsleben und wir werden auch dieses Thema adressieren. Im Rahmen von „Arbeit 4.0“ wird jedoch Aus- und Weiterbildung von im Erwerbsleben stehenden Personen der Fokus sein.

Wir veranstalten am 16.10. ab 18:00 ein mEATup, dass sich mit diesen Themen beschäftigt. Wir laden alle Interessenten herzlich ein, “Arbeit 4.0” mit uns weiter zu diskutieren und auszuarbeiten, für welche Themen die Digital Society sich einsetzen sollte, um die anstehenden großen Veränderungen positiv zu nutzen.

 

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Werner Illsinger

Präsident bei Digital Society
Werner Illsinger ist systemischer Coach, Unternehmensberater sowie Lektor an der FH-Kärnten. Sein Herzensanliegen ist es, dass Arbeit Spaß macht.
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